Das Festival de Bellver präsentierte ein eindrucksvolles Konzert mit Beethovens 4. Klavierkonzert, das an einem warmen Juniabend unter dem nachtschwarzen Himmel von Schloss Bellver stattfand. Dies stand im krassen Gegensatz zur Uraufführung des Konzerts am 22. Dezember 1808 im ungeheizten Theater an der Wien, wo Beethoven als Pianist seinen Abschied gab. Carl Czerny, ein Schüler Beethovens, beschrieb dessen Ausdruckskraft als so intensiv, dass ‚kein Auge trocken blieb‘. Johann Friedrich Reichardt, ein Zeitzeuge, schrieb über das Adagio des Konzerts: „Das sang er wahrhaft auf seinem Instrument mit tiefem melancholischem Gefühl, das auch mich durchströmte.“ Das Orchester kam in zeitgenössischen Berichten wesentlich schlechter weg: Es bestand aus einem eher bunt zusammengewürfelten Ensemble, das überfordert war. Beethoven selbst sprang zwischen Dirigentenpult und Klavier hin und her, rief Anweisungen und versuchte, das musikalische Chaos zu bändigen. Die Bedingungen waren alles andere als ideal: Das Theater war ungeheizt, das Konzert dauerte über vier Stunden, und das Publikum fror in Mänteln und Decken. Davon konnte gestern Abend keine Rede sein. Das Konzert folgte dem bewährten Schema „Ouvertüre – Solokonzert – große Sinfonie“ und dauerte beglückende anderthalb Stunden. Der russische Pianist Denis Kozhukhin spielte klangschön, mit hoher Anschlagskultur und einer erstaunlichen dynamischen Bandbreite. Sein Pianissimo im Dialog des zweiten Satzes kontrastierte eindrucksvoll zum zupackend aufspielenden Orchester unter seinem Chefdirigenten Pablo Mielgo. Die Magie, die von Jan Lisiecki vor zwei Jahren an gleicher Stelle ausging, erreichte er jedoch nicht, möglicherweise weil er – ungewöhlich, fast alle Pianisten haben Beethovens KK4 auswendig parat – von einem Tablet ablas, was ihm viel an Gestaltungsfreiheit nahm. Davor hatten Mielgo und die Musiker die narrative Tonfall der dritten Leonore-Ouvertüre, die ja eigentlich eine sinfonische Dichtung ist, auf den Punkt getroffen und diese „Oper im Kleinen“ eloquent und mit überbordendem Temperament erzählt. Das Konzert in Bellver zeigte somit eine gelungene Verbindung aus klassischer Klarheit und romantischer Klangpracht, die das Publikum begeisterte.