Der Tourismus auf Mallorca hat sich in jüngster Zeit mehr auf Nachhaltigkeit fokussiert. Jafar Jafari, ein emeritierter US-Professor, stellte beim jüngsten internationalen Nachhaltigkeitskongress heraus, dass im Jahr 2022 über 10.000 wissenschaftliche Artikel über Tourismus veröffentlicht wurden. „Wie viel Prozent davon haben Sie gelesen?“ fragte er provokant in Richtung der anwesenden Reise- und Hotelmanager.
Der Inselrat von Mallorca, der nun wesentliche Zuständigkeiten im Tourismusbereich innehat, wird nicht müde, das Thema Nachhaltigkeit voranzutreiben. Im Rahmen des Kongresses, den der Inselrat gemeinsam mit der Weltorganisation für Tourismus (UN Tourism) ausrichtete, bekräftigte Llorenç Galmés, Präsident des Inselrats, die Bereitschaft zu „mutigen Entscheidungen“ gegen die negativen Folgen des Massentourismus. Dazu zählen unter anderem eine Reduzierung der Gästebetten und ein verstärkter Kampf gegen die illegale Ferienvermietung.
Nachhaltiger Tourismus auf Mallorca
Gemeinsam mit der Agentur von Werbeguru Andy Stalman arbeitet Mallorca daran, seine Marke im Sinne der Nachhaltigkeit neu auszurichten. Stalman betonte die Wertschätzung der Inselbewohner für die natürliche Schönheit und Lebensqualität Mallorcas, wies jedoch auf die Sorge bezüglich der Massierung und des Identitätsverlustes der Insel hin. Eine Umfrage seiner Agentur unter den Bewohnern fand großen Anklang.
Parallel zur offiziellen Veranstaltung organisierten lokale Umweltaktivisten eine Gegenveranstaltung in Palma. Vor dem Kongresszentrum des Luxushotels Zoëtry demonstrierte eine Gruppe von Menschen unter dem Slogan „Menys turisme, més vida“ – weniger Tourismus, mehr Leben. Sie forderten eine ehrliche Auseinandersetzung und kritisierten Maßnahmen als »Greenwashing«.
Wissenschaft und Praxis im Dialog
Während des Kongresses sprach Thomas Ellerbeck von der Tui-Gruppe über die Bedeutung eines offenen Dialogs zwischen allen Beteiligten. Er lobte die Initiative der balearischen Landesregierung, einen partizipativen Prozess zu starten, der alle Beteiligten an einen Tisch bringen soll. Ellerbeck hebt die Vorteile des Pauschaltourismus hervor, der weniger negative Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt habe als die Ferienvermietung.
Zusätzlich bemüht sich die Tui-Gruppe, die Nutzung von Landstrom für Kreuzfahrtschiffe während ihrer Hafenaufenthalte zu fördern, um deren ökologische Fußabdruck zu verringern. Noch umfassendere Maßstäbe setzt das britische Unternehmen Nature Metrics in Zusammenarbeit mit MSC durch die Messung der Biodiversität in den Meeren, um einen Beitrag zum Erhalt maritimer Ökosysteme zu leisten.
Abseits der ökologischen Fragen geht es auf Mallorca auch darum, die lokale Wirtschaft zu integrieren. Susanna Sciacovelli, verantwortlich für „Nachfrage und Gastfreundschaft“ beim Inselrat, spricht von „Nachhaltigkeit mit Herz“, indem lokale Produkte und die Schönheit des ländlichen Mallorcas hervorgehoben werden. Ein weiteres Projekt des Instituts für Architektur und Landschaft an der TU Graz, geleitet durch Klaus Klaas Loenhart, untersucht, wie Brachland auf Mallorca effektiv zur Herstellung von Biokohle genutzt werden kann.
Der Kongress und seine Diskussionen sind ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einem nachhaltigen Tourismus auf Mallorca, wobei allen Beteiligten bewusst ist, dass noch viel Arbeit vor ihnen liegt. Die Veranstaltung war jedoch ein wichtiger Meilenstein, um die Dringlichkeit und die vielfältigen Möglichkeiten in den Vordergrund zu rücken.